dimensionFRAGILE

"Paperworks - CHINA & EUROPE"

Eröffnung: Donnerstag, 23. Oktober 2008, 19.00 Uhr

Ausstellung: 24. Oktober - 22. November 2008

dimensionFRAGILE zeigt Arbeiten von 12 KünstlerInnen aus China und Europa, die Papier als selbständigen Werkstoff in ihrer künstlerischen Arbeit verwenden. Die gezeigten Arbeiten spiegeln in der Vielfalt ihrer künstlerischen Ansätze nicht nur die nahezu unerschöpflichen Verwendungs- und Verarbeitungsmöglichkeiten des Werkmaterials Papier, sondern verweisen auch auf die kulturellen und historischen Konnotationen des Zivilisationsproduktes Papier.

In China, dem Ursprungsland der Papierherstellung, spielt Papier sowohl als Trägermedium in der traditionellen Tuschemalerei und Kalligrafiekunst als auch in der Volkskunst eine entscheidende Rolle. Mit dem Entstehen einer zeitgenössischen Kunstszene hat sich auch eine Bewegung etabliert, deren Ziel es ist, diese traditionellen Medien und Techniken zu neu definieren und in einen zeitgemäßen Kontext zu übersetzen. In diesem Zusammenhang sind auch die Arbeiten Hu Youbens zu sehen. Er hat eine Technik entwickelt in der er mit zerknittertem Xuan Papier ganz neue Effekte und reliefhafte Landschaftsbilder schafft. Lu Shengzhong dagegen arbeitet in Anlehnung an die chinesische Volkskunst mit Scherenschnitten aus rotem Papier wie es traditionell für Hochzeiten und Feste verwendet wird.

Viele Arbeiten chinesischer Künstler zeichnen sich durch eine gewisse Hybridität aus, die aus der Verknüpfung eines weitgehend westlichen Kunstbegriffs mit traditionellen asiatischen Denkweisen entsteht. So etwa bei Li Lei, einem der Hauptvertreter der abstrakten Kunst in China, der Inspiration für seine Kompositionen aus der chinesischen Kunst, Philosophie und Literatur schöpft. Auch die Arbeiten von Chen Qingqing sind von dem Wissen der Künstlerin um östliche Philosophie und Medizin geprägt. Die aus Hanf, Blüten, Kokons von Seidenraupen bestehenden zarten Gewänder verweisen auf die Schutzbedürftigkeit und Vergänglichkeit des menschlichen Körpers und seine Beziehung zur Natur. Wang Leis monumentales Drachengewand gestrickt aus Zeitungspapier betont dagegen die Machtsymbolik des imperialen Gewandes und thematisiert damit die Verstrickung von (politischer) Macht und Medien.

Der in Shanghai und New York lebende Komponist Tan Dun auch ist über China hinaus für die innovative Verwendung von nicht traditionellen Instrumenten und Alltagsmaterialien in seinen Kompositionen anerkannt. In "Paper Music" erzeugt er allein durch den Einsatz von Papier Klänge und Rhythmen.

Mit Tone Fink, Josef Bücheler und Walter Weer sind in dimensionFRAGILE auch einige herausragende Vertreter der westlichen Papierkunst vertreten, die in ihren Arbeiten die reiche Bandbreite des Materials ausschöpfen. So umspannt das Werk von Tone Fink neben einem umfassenden Oeuvre an Zeichnungen und Druckgraphiken auf Papier auch Objekte und Skulpturen, die oft die Grenzen zwischen Nutzobjekt und Kunstwerk überschreiten und von dem Künstler auch in performative Aktionen eingebunden werden. Josef Bücheler schafft unter Verwendung von Zeitungspapier und Hochglanzzeitschriften, Zweigen und Ästen, biomorphe Objekte, während Walter Weer in seinen aus Seilen, Schnüren, Kartons und anderen Gebrauchsmaterialien geschaffenen Skulpturen mit den verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten des Materials und unserer Wahrnehmung davon spielt. Einen Gegensatz dazu bilden Josef Adam Mosers streng geometrische Objekte in ihrer äußeren Schlichtheit und Klarheit, die mit ihrer sorgfältige Verarbeitung und ausgewogenen Proportionen eine unaufdringliche Ästhetik verströmen.

Die Künstlerinnen Birgit Knoechl und Miriam Londono experimentieren in ihren Arbeiten mit der Doppelfunktion von Papier als Trägermedium und autonomem Werkmaterial. Ausgehend von pflanzlichen Formen übersetzt Birgit Knoechl in ihren Scherenschnitten die flache Linie in den Raum. Durch den Prozess des Ausschneidens entstehen raumfüllende, sich gegenseitig durchdringende, Gebilde, die Assoziationen mit organischem Wachstum evozieren. Miriam Londono dagegen kehrt in ihren Arbeiten die typische Funktion des Papiers als Beschreibstoff um und formt das Papier stattdessen zu einem Netzwerk aus Wort und Satzfragmenten - Bezüge auf aktuelle Ereignisse und durch sie hervorgerufene Emotionen.

Rolf Kluenter, schließlich, der sich selbst als Wanderer zwischen den Welten bezeichnet, vereint sowohl in seiner Biografie als auch in seinem künstlerischen Werk Einflüsse aus Ost und West. In seinen Arbeiten aus schwarzem Nepalpapier (das er gerne auch mit neuen Medien und Alltagsmaterialien kombiniert) beschäftigt er sich mit Fragen von Verortung und Vernetzung, Archivierung und Bewahrung von Erinnerung – Themen die im Einklang mit der immer noch wichtigsten Funktion von Papier als Träger und Überlieferer von Wissen und Ideen stehen.
(Andrea Neidhöfer)