Nadja D. Hlavka
"Dualitätsprinzip"
Eröffnung: Donnerstag, 20. Oktober 2005
Ausstellung: 20. Oktober – 19. November 2005
Nadja D. Hlavka - "Dualitätsprinzip"
Eröffnung der Ausstellung durch Magister Sonja Traar
Die ausgestellten Werke umfassen speziell die letzten beiden Schaffensjahre der Künstlerin Nadja Hlavka. Der Titel der Ausstellung und zugleich gemeinsamer Nenner der umfassenden Schau ist "Dualitätsprinzip". Der Titel spricht von einem Prinzip der Zweiheit, Doppelkeit, aber auch der Vertauschbarkeit und wechselseitigen Zuordnung. Die Künstlerin erklärt ihre eigene Sicht auf das Prinzip folgendermaßen: „das eine fordere das andere“ oder „das eine kann erst hervorgehoben werden, wenn sich sein Gegenteil zeigt“. Also, eines will um jeden Preis hervorgehoben werden. Es ist die Malerei, und sie fordert. Sie ist die auserwählte Sprache der Künstlerin und sie will Antwort sein – Antwort worauf? Antwort auf klassische Musik, die sie fordert und von der sie ständig umgeben ist und Antwort auf Literatur (am ehesten auf Lyrik), der sie sich fest verbunden fühlt. Doch das Spiel hört nicht auf sondern setzt sich fort und geht direkt in den Malprozess hinein. Geschaffene Formen und Farben fordern, sodass jeder Strich mit dem Pinsel erst einmal eine Frage aufwirft, vielleicht um sich bangt, um sich dann gegenüber seinem soeben entstandenen Gegenteil zu behaupten und sich diesem durch Befragung und wechselseitige Zuordnung anzunähern, um letztendlich sogar beim oben erwähnten gegenseitigen Vertauschen anzulangen.
Die Arbeiten Hlavkas sind dichte, lebende Flächen. Sie sind ehrlich in ihrer Substanz und ihr Entstehungsprozess ist lange und behutsam. Die Künstlerin stellt "schicke" Überbleibsel von weißem Malgrund in Frage, fragt aber auch, wie viel man an Schönheit in einem Bild ehrlich gelten lassen kann. Es ist ein hartes Ringen, das sich die Künstlerin auferlegt hat, doch das zufrieden stellende Ergebnis bleibt nicht aus. Der lange, immer raffinierter werdende Malvorgang hebt die Werke Nadja Hlavka zuletzt in eine sphärische Ebene höchsten Abstraktionsgrades.
Die Künstlerin collagiert ihre Arbeiten gerne mit Leinwandfetzchen oder anderen Stoffen, an denen oft eine persönliche Geschichte hängt. Davon verspricht sie sich aber weder eine Verbesserung in der Wirkung ihrer Arbeiten durch ein Davor- und Dahinter, ausgelöst durch das Einbauen von Brüchen in der Malfläche. Die Materialspuren in den Bildern erzeugen vielmehr eine zusätzliche Qualität und sind komplett mit dem Bilduntergrund verwoben. Nadja Hlavka arbeitet ganz im klassischen Stil mit Ölfarben, die sie sich in einem fast rituellen Vorgang selbst aus Pigment und Leinöl anrührt. Die Malerei kommt auf vielen, sorgsam aufgebauten Kreidegründen zu liegen. In dem Spiel von Spachteln, Malen, Abziehen, Dazu- und Weggeben wird der Zustand der Zufriedenheit letztendlich erreicht.
Titel der Arbeiten sind etwa "Nahe dem Himmel" oder "Dem Himmel ganz Nahe" oder "Beseelte Stunde". Die Titel sollen ganz absichtlich keine Eingrenzung der Bildthematik darstellen sondern sind Einladungen an den Betrachter. Der Betrachter soll seinem subjektiven Empfinden freien Lauf lassen, der Künstlerin ist das Einbringen ihrer eigenen Geschichte und Lebenserfahrung nicht wichtig. Die in ihren Bildern geschaffenen Räume gehören den Empfindungen. Zuletzt sieht sich der Betrachter selbst wie in einem Spiegel. Hlavkas Arbeiten sind von Menschen und anderen Wesen frei geräumt, um Platz für eben diese vielen Betrachter zu schaffen und sie mit ihnen zu füllen. Dieser wunderbare, selten gewordene künstlerische Ansatz unterscheidet die Künstlerin nun deutlich von ihren Künstlerkollegen, die während der späten 80er Jahre und den 90er Jahre die ganze Vielfalt der Malerei neu erforscht und dabei illusionistische Bildräume zur Entstehung gebracht haben. Die Funktion eines Gemäldes als Empfindungsspiegel, als Weg zur eigenen Introspektion mit Hilfe einer lebendigen Abstraktion, wie wir es bei Nadja Hlavka finden, räumt der Künstlerin einen bedeutenden Stellenwert innerhalb der zeitgenössischen Malerei ein. Sie sieht vielleicht schon voraus und geht den eingeschlagenen Weg der Neuen abstrakten Malerei nochmals einen Schritt weiter. Speziell im letzten Jahr hat die Künstlerin eine bemerkenswerte künstlerische Entwicklung vollzogen, die nicht zuletzt durch ihren Studienaufenthalt in Italien südlich von Rom positiv angeregt wurde.
Oktober 2005
(Mag. Traar)
Nadja-Dominique Hlavka
"In der Gegenstandslosigkeit einerseits und dennoch einer gewissen Objekthaftigkeit andererseits, hat sich eine eigene auf Grundformen reduzierte Bildsprache entwickelt, die dem Betrachter erlaubt zu sehen, was er zu sehen glaubt."
Biographisches
Nadja-Dominique Hlavka ist 1965 in Wien geboren. Nach der Schulzeit studiert sie von 1984 bis 1989 an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien. Zu ihren Lehrern zählen die Professoren Tasquill und Moosmann. Im Jahr ihres Studienabschlusses erhält Nadja-Dominique Hlavka den Anerkennungspreis des Landes Niederösterreich und drei Jahre später den Preis des „Rainforest Project“ in Salzburg. Durch ein Stipendium der Sussmannstiftung, vergeben vom Wiener Künstlerhaus, kann die junge Malerin 1995 weiter ihrer künstlerischen Entwicklung nachgehen.
Nadja-Dominique Hlavka stellt seit 1988 in Gruppen- und Einzelausstellungen in Galerien, Museen und auf Kunstmessen in Österreich, Deutschland und der Schweiz aus.
Material und Technik
Trotz ihrer Zugehörigkeit zur jungen Künstlergeneration vertraut Nadja-Dominique Hlavka nochmals auf die klassischen bildnerischen Elemente der Malerei, auf den Umgang mit Farbe, Bildräumlichkeit und einer zeichenhaft reduzierten Gegenstandssymbolik. Papier und Leinwand, Öl- und Aquarellfarbe, Pastellkreide und Bleistift verbinden sich in Malerei, Zeichnung und Collage zu einer außerordentlich zeitgenössischen Bildsprache. „Illusionäre Raumtiefe...“ entsteht in der Bildkunst Nadja-Dominique Hlavkas, wie sie es selbst pointiert zusammenfasst,“... durch Farbmodulationen und collagierte Papierschichten und das Wiederablösen von Schichten und durch die aus- und abreißende Bildoberfläche. Die Farbskala beschränkt sich auf Blau, Grün und Erdfarben. Intensiviert wird die Farbe durch die feinen Abstufungen und die unerschöpfliche Modulationsmöglichkeiten eines gleichen Tons, die es vermögen, einem Farbton immer einen anderen Klang zu geben.“ Es sind gedämpfte, gebrochene Farbnuancen mit fließenden Übergängen. In den Papierarbeiten treten sie zurück hinter der akzentuierten Zeichnung und den Spuren von Collage und Décollage, die immer an das Materialhafte, Intuitive, Spontane und Prozessuale im Schaffen der Künstlerin erinnern.
Bildsprache und künstlerisches Anliegen
"In der Verflechtung von Farben und Formen ergibt sich eine neue Dimension, losgelöst von reiner Komposition. Der Betrachter soll hier genügend Freiraum bekommen um zu verweilen."
Unbelebte Räume kennzeichnen die primären Bildinhalte in der Malerei Nadja-Dominique Hlavkas, unbelebte geschlossene Räume, in denen sich die menschliche Figur, stellvertretend durch den Betrachter, außerhalb des Bildraumes aufhält. Anders in den Papierarbeiten. In ihnen wird die Geschlossen- und Unberührtheit des Raumes immer wieder durch das Eingreifen figürlicher Darstellung gestört, aus der Balance gebracht. Ihre Zeichnungen zeichnen sich durch eine ungewöhnliche Leichtigkeit aus, sind aber doch von einer gedanklichen Tiefe.
Nadja-Dominique Hlavkas Bilder konstituieren hermetische Welten. Jedes einzelne Bild definiert und umschreibt die Welt aufs Neue mit einem unspektakulären Farb- und Formenrepertoire, das erst in seiner subtilen Kombination und Metaphorik auf sich aufmerksam macht. Im Erkennen und Erfassen jener strukturierten Bildzeichen offenbart sich dem Betrachter eine deskriptive, analytische und innovative Bildsprache, die sich auf die Dingwelt einlässt und sich wie einzelne Satzteile zu einer Gesamtaussage synthetisieren lassen. So verwandelt sich jedes Bild zu einem Satz, jeder Bildtitel zu einem Nebensatz, der trotz aller Erläuterung jedoch nichts wesentliches zum Verständnis des Hauptsatzes beitragen muss und soll.
Hlavkas Malerei ist eine Synthese zwischen zeichnerischer und malerischer Sprache. Das Zeichen, das etwas bedeutet, der malerische Gestus, der auf sich selbst hindeutet und der Bildraum, den die Farbe definiert, werden zu einem Ganzen gefügt. Die Bilder haben etwas Organisches, in ihrer Materialität und Formenwelt, etwas Landschaftliches, und trotzdem auch etwas Zivilisatorisches.